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Christian Huberts, Jahrgang 1982, studierte »Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis« an der Universität Hildesheim und arbeitet seit 2009 als kultur- und medienwissenschaftlicher Publizist mit Sitz in Berlin. Sein inhaltlicher Fokus ist die digitale Spielkultur in allen Facetten.
Er tritt regelmäßig als Experte für digitale Spiele bei Kulturveranstaltungen sowie im Rundfunk und Fernsehen auf. Zuletzt hat er unter anderem den Game-Studies-Sammelband »Zwischen|Welten: Atmosphären im Computerspiel« im vwh-Verlag herausgegeben, das »Handbuch Gameskultur« des Deutschen Kulturrats und des Branchenverbands game redaktionell betreut sowie das Berliner Studio waza! Games als Associate Producer bei der Entwicklung der politischen Bildungs-App Konterbunt unterstützt. Für die Stiftung Digitale Spielekultur arbeitete er von März 2020 bis August 2024 unter anderem als Projektmanager für die Initiative »Erinnern mit Games« und als Projektleiter von »Let’s Remember!«. Daneben schreibt er für wissenschaftliche Publikationen, Kulturmagazine sowie Online-Zeitungen diverse Artikel über die Partizipation an virtuellen Welten und die Kultur von Computerspielen.
Gleich zu Beginn: Der hier gepiqde Videoessay des Journalisten Michael Hobbes (unter anderem verantwortlich für den Podcast You're Wrong About) sagt nicht, dass es Fälle ungerechtfertigter, kollektiver Kritik an Aussagen und Handlungen von Einzelpersonen mit unverhältnismäßig negativen Auswirkungen für deren Leben nicht gäbe. Der von dem Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen beschriebene »Clash of Codes« in den sozialen Medien sorgt häufiger als je zuvor dafür, dass Prozesse der Kritik, Anprangerung oder gezielten Rufschädigung an eine digitale Öffentlichkeit gelangen, dort diskutiert, verzerrt und/oder befeuert werden. Das ist ein existierendes, lagerübergreifendes Problem, auf das es gesellschaftspolitische Antworten braucht.
Was der Videoessay von Hobbes aber sagt: Diese komplexe Gemengelage aus schon lange existierenden und vielfältigen Praktiken medienöffentlicher Kritik sowie den beschleunigten und demokratisierten Ökonomien der Aufmerksamkeit moderner digitaler Plattformen lässt sich nicht auf einen Begriff wie »Cancel Culture« reduzieren. Mehr noch, man begibt sich mit dieser groben Verallgemeinerung in die Falle einer kulturellen Panik. Ob »Satanic Panic«, »Killerspiele« oder die um sich greifende Kultur des »Cancelns«, alle Folgen ähnlichen und typischen Mustern. Erstens gibt es keine enge, verbindliche Definition des Phänomens, so dass unterschiedlichste Beispiele darunter verbucht werden können. Zweitens sind die anekdotischen Erzählungen über das Phänomen häufig geprägt von Übertreibungen und/oder Entkontextualisierung. Drittens wird ein individueller oder gesellschaftlicher Schaden behauptet, der sich abseits von Anekdoten und analytischen Schlaglichtern kaum aufzeigen lässt. Und viertens wird das Phänomen nicht selten selbst zum Werkzeug eines reaktionären Backlashs gegen ein stereotypisiertes, kulturelles Feindbild.
Michael Hobbes' Videoessay hat eigene Schwächen, kann in knapp über 20 Minuten auch nur mit grobem Strich malen und konzentriert sich ausschließlich auf die noch einmal deutlich krasser geführte Diskussion in den USA. Ausführlicher gibt es das Thema auch noch einmal im Podcast You're Wrong About. Für die Übertragung auf den Diskurs in Deutschland seien daher ein Interview und Essay des Literaturwissenschaftlers Adrian Daub empfohlen, der hier auch das letzte Wort haben soll:
Die Rede vom Canceln als einer Kultur macht die Zurechnung von Verantwortung sehr diffus und lässt wichtige Fragen praktisch nicht zu. Beispielsweise: Was können wir denn verbessern, um den Opfern zu helfen? Wie können wir sicherstellen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung ernst genommen wird, ohne dass jemand bedroht wird? Hier gibt es durchaus Handlungsmöglichkeiten, die aber tendenziell blockiert werden, wenn man sagt: Dabei handelt es sich um eine Kultur, dagegen hilft nur noch der Rückzug.
Quelle: Michael Hobbes Bild: Michael Hobbes EN www.youtube.com
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